Nun ist es also wieder passiert. Innerhalb einer Woche sind drei Menschen von zwei Hunden getötet worden. Grund genug, dass sämtliche Gemüter erhitzt werden und in den Medien mit Begriffen um sich geschmissen wird. Eine sachliche Diskussion ist nahezu unmöglich, so scheint der Eindruck, den man nach solchen Ereignissen immer wieder erfährt. Und am Ende stehen sowohl Hund als auch Mensch möglicherweise als Verlierer da.
Zuerst einmal steht es außer Frage, dass es absolut schrecklich ist, wenn Menschen und v.a. ein Kind durch einen Hundeangriff zu Tode kommen. Außerdem kennt niemand die genauen Umstände, wie es zu solchen Ereignissen gekommen ist. Aus diesem Grund hüte ich mich davor, schlaue Ratschläge zu geben, wie man so etwas hätte verhindern können.
Kampfhunde, Rasselisten, oder: Wie verkaufe ich meine Story am besten?
Was allerdings auffällt, sind die Reaktionen von Seiten der Öffentlichkeit und der Medienlandschaft. Gerne wird der Begriff „Kampfhund“ benutzt, da dieser direkt unsere auf Spektakel getrimmten Emotionen laut aufschreien lässt. Man könnte wenigstens von Journalisten erwarten, dass sie sich kurz über die Begriffe schlau machen, bevor sie ihre Artikel anfangen zu schreiben. Aber vielleicht haben es ja einige sogar gemacht und waren der Meinung, dass der Sensationseffekt wichtiger ist, als korrekte Bezeichnungen zu benutzen. Aber der Reihe nach.
Kampfhunde sind per Definition Hunde, die gezielt zur Verwendung bei Kämpfen mit anderen Hunden gezüchtet und trainiert werden. Demnach ist es ein Irrglaube, dass bestimmte Hunderassen wie der Pitbull oder Staffordshire mit Kampfhunden gleichzusetzen sind. Sie haben ganz einfach das „Pech“, dass sie durch ihre starken und breiten Kiefer, sowie ihrer Physis bevorzugt (von Kriminellen) für Kämpfe abgerichtet werden. Da diese Vorgänge komplett illegal sind und die Hunde zu etwas gemacht werden, was sie nicht sind, wehre ich mich vehement dagegen, dass das Wort Kampfhund als allgemeine Bezeichnung für bestimmte Hunderassen verwendet wird.
Dann gibt es da noch „Rasselisten“. Auf diesen Listen befinden sich einige Hunderassen, die aufgrund ihrer Rassezugehörigkeit als gefährliche Hunde eingeschätzt werden. Je nach Bundesland hat dies zur Folge, dass Besitzer Auflagen bekommen, z.B. Nachweis einer Sachkundeprüfung, Maulkorbpflicht, u.a. Über den Sinn von Rasselisten gibt es zurzeit eine große Diskussion und einige Bundesländer kassieren diese Listen – zum Glück – wieder.
In diesem Artikel gehe ich allerdings nicht zu sehr mit Begrifflichkeiten ins Detail, denn mir geht es hier um etwas anderes. Egal, wo man hinschaut: Gefühlt überall sind die beiden Hundeangriffe ein großes Thema. Ich habe in der Vorbereitung auf diesen Artikel einige meiner Freunde beiläufig gefragt, ob sie von den Angriffen gehört haben, was alle bejaht haben. Einige kannten sogar den Namen Chico, der Hund, der aufgrund seines tödlichen Angriffs eingeschläfert wurde. Aber warum ist das so? Und wie kann es sein, dass zwei Hundeangriffe so viel Resonanz erzeugen?
Die Kunst des irrationalen Denkens
Unsichtbare Gefahren sind für uns Menschen nicht besonders gut greifbar, wie z.B. die Grippe, die jedes Jahr mehrere hundert Menschen tötet. Oder hast du etwas Angst davor, an einer Grippe zu sterben? Nö, aber vielleicht gehörst auch du zu denjenigen, die nicht gerne fliegen. Ich kenne viele Leute, die unter Flugangst leiden, was oft damit zu tun hat, dass man fürchtet abzustürzen. Dass dieses Empfinden allerdings sehr irrational ist, zeigen die nackten Zahlen. Inzwischen gibt es jährlich über 4 Milliarden Flugpassagiere bei gerade einmal rund 500 Toten pro Jahr. Ich hole meinen Taschenrechner und stelle fest, dass die Wahrscheinlichkeit bei 0,000000125% liegt, dass man beim nächsten Flug zu Tode kommt. Nicht besonders wahrscheinlich.
Es ist zugegeben etwas schwieriger, eine genaue Zahl bei Hundeangriffen zu finden. Fakt ist, dass jährlich im Schnitt ca. 3,6 Menschen durch Hundeangriffe zu Tode kommen. In Deutschland gibt es schätzungsweise 8 Millionen Hunde bei rund 80 Millionen Menschen. Eine direkte Gegenüberstellung der Zahlen ist hier natürlich kompliziert, da man auch berechnen müsste, wie oft es Hundebegegnungen gibt. Insofern machen wir es uns einfacher und stellen einfach die Todeszahlen gegenüber, beim Hund wie genannt 3,6 pro Jahr.
Im Jahr 2013 kamen beispielsweise 1172 Menschen bei Treppenstürzen ums Leben. Im selben Jahr war das Leben für 453 Menschen vorbei, weil sie Lebensmittel verschluckten und keine Luft mehr bekamen. Auch ist die Wahrscheinlichkeit mit über 300 Menschen pro Jahr höher, an einem Kugelschreiber oder ähnlichen Bürogegenständen zu sterben. Soweit ein paar Zahlen.
Diese bestialischen Lebensmittel! Die Treppen des Todes! Killerkulis auf dem Vormarsch! Tja, klingt irgendwie bescheuert. Ist es auch. Genauso irrational, jetzt Angst vor Hunden zu bekommen.
Ohne Emotionen keine Titelstory
Doch hier kommen die Medien ins Spiel. Egal, wo man hinsieht: In nahezu jedem Artikel, den man in Internet und Printmedien finden kann, wird lautstark einiges dafür getan, den Leser maximal zu schocken und “Kampfhundattacken” zum Thema zu machen. Es ist in meinen Augen sehr bedenklich, denn mit polarisierenden Begriffen und Meinungen ist es sehr schwer, sich eine eigene Meinung zu bilden. Vor allem, wenn man sich selbst noch nicht besonders mit der Thematik beschäftigt hat.
Wenn du dir den Titel von diesem Artikel nochmal ansiehst, wirst du feststellen, dass auch ich gewissermaßen „billig“ auf den Sensations-Button gedrückt habe. Der Unterschied zu einigen Medienanstalten, Verlagen und Internetseiten besteht jedoch darin, dass ich mit diesem Titel etwas ganz anderes erreichen will. Ich will KEIN Angstbild vom bösen und gefährlichen Kampfhund erschaffen, sondern das Gegenteil mithilfe objektiver Fakten. Ich stehe nicht unter Zugzwang, viele Käufer für meinen Artikel zu bekommen und gehe auch deshalb sachlich an die Sache heran.
Eines kann ich bei all meiner Entwarnung jedoch gut verstehen. Einige Menschen fühlen sich verunsichert, wenn sie v.a. größeren Hunden begegnen. Denn nicht jeder hat seinen Hund unter Kontrolle. Dass Hunde andere Menschen anspringen, ist ein absolutes No-Go und hier sind wir Hundebesitzer in der Pflicht. Wir müssen dafür sorgen, dass wir in jeder Situation die Kontrolle über den Hund haben!
Es kann immer Zwischenfälle mit Hunden geben, aber es gibt ganz einfach keinen Grund zur Panik. Denn dass Hunde einen Menschen gezielt umlegen wollen, kommt – wie oben beschrieben – praktisch nicht vor. Insofern würde es uns allen guttun, in Zukunft ein wenig den Fuß vom Gaspedal der medialen Effekthascherei zu nehmen und uns auf unsere Sinne zu beschränken.
Soweit meine Meinung. Ich habe die Thematik bewusst eingegrenzt, um euch zu fragen, was ihr dazu meint. Gibt es Punkte, denen ihr zustimmt? Oder auch ganz anders seht?
Ich würde mich über eure Meinungen und Anregungen freuen! Dazu könnt ihr ganz einfach einen Kommentar unter dem Artikel schreiben.
1 Comment
Hallo!
Ein super gelungener Beitrag und ich kann die in allen Punkten nur zustimmen! Als Hundebesitzerin sehr ich die Sache nämlich ganz ähnlich. Super!
Beste Grüße, Lisa